BPE - Bundesverband Psychiatrie-Erfahrener e.V.

 

im Februar 2018

 

Positionspapier des Bundesverbands Psychiatrie-erfahrener (BPE) e.V. zur Elektrokrampftherapie

 

 

Mit großer Besorgnis und Wut beobachten wir die stetige Zunahme von Elektrokrampftherapie oder Elektrokonvulsionstherapie (EKT) in Deutschland. Auf dem WPA Kongress im Oktober 2017 und auf früheren DGPPN Kongressen gab es Veranstaltungen, in denen die Anwendung von EKT gegen den natürlichen Willen der Patienten diskutiert wurde. Bei Menschen, die unter gesetzlicher Betreuung stehen, ist dies bereits möglich, wenn sich der behandelnde Arzt und der Betreuer einig sind und der Patient als „einwilligungsunfähig“ gilt.

 

Wir haben einige Mitglieder, die EKT bekommen haben und die heute noch darunter leiden. Sie leiden an Gedächtnisstörungen, an kognitiven Einschränkungen, manche an Bewegungs- oder Sprachstörungen. In Einzelfällen führen die künstlich herbeigeführten Krampfanfälle zu z.B. abgebrochenen Zähnen oder Schäden an der Wirbelsäule. Wir und andere Menschen in ihrem Umfeld konnten beobachten, wie sie sich nach EKT Behandlung in ihrer Persönlichkeit negativ veränderten. Wir haben auch noch keinen Patienten getroffen, der sich über seine EKT-Behandlung insgesamt positiv ausgesprochen hat. Wir kennen jedoch einige, die sich auf EKT einlassen, da EKT in der Literatur als Wundertherapie für Depressionen angepriesen wird. Wir warnen alle, denen Ärzte eine EKT anraten, auf keinen Fall in eine solche Behandlung einzuwilligen. Der Preis, den Patienten für eine eventuelle schnelle und vorübergehende Stimmungsaufhellung zahlen, ist sehr hoch. Schädigungen des mit Strom behandelten Gehirns sind als gesichert anzusehen und im Gegensatz zu Psychopharmaka gibt es nach der Behandlung keine Möglichkeit zur Linderung durch Dosisreduktion, Wechsel des Mittels oder Gabe eines Gegenmittels.

 

Viele unserer Mitglieder sind der lebende Beweis dafür, dass es bei der Vergabe psychiatrischer Diagnosen an Wissenschaftlichkeit mangelt. So erhalten z.B. immer mehr Menschen leichtfertig die Diagnose einer Depression und bekommen Antidepressiva mit zweifelhafter Wirkung. Professor Irving Kirsch z. B. schaute sich auch unveröffentlichte Studien an. Er stellte fest, dass es vielen Patienten nach Medikamenteneinnahme besser ging, aber es war meist egal, ob sie ein echtes Antidepressivum oder ein Placebo geschluckt hatten. Nur bei sehr schwer Erkrankten wirkten Medikamente besser als Placebos. (Quelle:https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/31489/Meta-Analyse-Antidepressiva-nur-beischwersten-Depressionen-wirksam)

 

Die meisten EKTs werden an (depressiven) Frauen und an älteren Menschen durchgeführt, meist wenn Medikamente nicht helfen konnten (s. vorigen Absatz). Das erinnert daran, dass früher Frauen die meisten Verschreibungen von Benzodiazepinen bekamen. Wir glauben jedoch nicht, dass irgendeine Gruppe von Menschen kränker ist als andere, oder dass die Gehirne oder die Biochemie anders sind. Durchaus unterschiedlich sind allerdings Bildungsstand, Einkommensverhältnisse, Teilhabe am gesellschaftlichen Leben, gesellschaftliche Position und vieles andere mehr.

 

Wir bezweifeln, dass PatientInnen stets schonungslos offen, umfassend und ehrlich über die Nebenwirkungen und negativen Folgen von EKT vor der „Behandlung“ aufgeklärt werden. Befürworter von EKT behaupten sogar, EKT würde Leben retten. Belege dafür sind kaum zu finden. Todesfälle durch EKT sind immer wieder dokumentiert. Bei Autopsien wurden immer wieder Hirnschäden, inkl. Nekrosen festgestellt. (vgl.: Gøtzsche, Peter: Tödliche Psychopharmaka und organisiertes Leugnen, 2017, S. 214/5).

 

Befürworter der EKT sagen, Wirkung und Nebenwirkungen der EKT seien bestens bekannt, da es mindestens 13.000 wissenschaftliche Untersuchungen dazu gäbe. Nun wissen wir leider, dass a.) Studien zu Psychopharmaka häufig nur veröffentlicht werden, wenn sie das gewünschte Ergebnis belegen, b.) dass die Pharmafirmen die Studien in Auftrag geben und c.) dafür sorgen, dass ein positives Ergebnis herauskommt. Da viele Studien zu EKT von den größten Befürwortern herausgegeben werden, müssen wir davon ausgehen, dass es bei der Mehrheit der 13.000 Studien ebenfalls an Unabhängigkeit mangelt.

 

Fazit: Der Bundesverbands Psychiatrie-Erfahrener (BPE) e.V. spricht sich gegen EKT aus und warnt dringend davor sich einer EKT Behandlung zu unterziehen. Wenn EKT dennoch angewandt wird, fordern wir ehrliche und umfassende Aufklärung über Wirkungsweise, unerwünschten Wirkungen und Folgeschäden.

 

Auf keinen Fall darf EKT ohne ausdrückliche Zustimmung oder gar gegen den natürlichen Willen angewandt werden. Wir erleben, dass Menschen gesunden, wenn sie die Ursache ihrer psychischen Krise/Erkrankung angehen, sich der Selbsthilfe anschließen und sich selbst die für sie passende Unterstützung besorgen bzw. menschliche Unterstützung erhalten.

 

Der geschäftsführende Vorstand des BPE e.V., Wittenerstr. 87, 44789 Bochum,

Email: vorstand@bpe-online.de, Tel.: 0234 / 68 70 55 52

 

Bankverbindung: Bank für Sozialwirtschaft Köln, BLZ 370 205 00, Kto.-Nr. 70 798 00

 

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